Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR

HADES

Interview mit Prof. Dr. Tetyana Galatyuk

Liebe Frau Galatyuk, sie sind Professorin für Kernphysik an der TU Darmstadt. Wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen üblicherweise aus?

Da gleicht kein Tag dem anderen. Aber die einzelnen Elemente sind immer sehr ähnlich. Ich analysiere Daten unserer Experimente, plane neue Experimente, betreue meine Studentinnen und Studenten, schreibe Anträge und bereite meine Lehrveranstaltungen vor. An manchen Tagen kommen noch Gremiensitzungen hinzu. Langweilig wird einem da sicherlich nicht. Die Suche nach der Wahrheit und das Verständnis der Naturgesetze sind meine treibende Kraft.

Dann fangen wir doch mit den Experimenten an. An welchen Experimenten arbeiten Sie gerade?

Ich bin Mitglied der HADES, CBM und STAR-Kollaboration, hier widmen wir uns der Frage: Wie sieht Kernmaterie hoher Dichte und hoher Temperatur aus und was können wir über diese lernen? Was passiert, wenn Goldkerne, die auf etwa 90% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wurden, auf ruhende Goldkerne treffen? Für eine extrem kurze Zeit, t~10^(-23) Sekunden, werden Materiezustände mit extremen Temperaturen (>10^12 K) und Dichten (>280 Mt/cm^3) erzeugt. Die Möglichkeit, im Labor stark wechselwirkende Materie unter solchen Bedingungen zu bilden und zu erforschen, ist wirklich faszinierend. Die Experimente darf man sich aber nicht so vorstellen, dass sie auf einem Tisch stehen und einzelne Physikerinnen und Physiker daran arbeiten — es sind haushohe Detektoren, die von internationalen Kollaborationen betrieben werden. Wir lieben echte Herausforderungen, bauen neuartige Detektoren und beschäftigen uns mit der Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen. Wir sind erfolgreich, weil wir in einem perfekten Team von Experten aus vielen Bereichen zusammenarbeiten. Wir lernen, mit Unbekanntem umzugehen und "niemals aufzugeben". Das HADES-Experiment läuft schon seit einiger Zeit und wir konnten schon einige spannende Dinge lernen. Das CBM-Experiment wird aktuell gebaut und hat so natürlich auch mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen.

Was genau meinen Sie damit?

Beim laufenden Experiment geht es hauptsächlich darum möglichst viele Daten zu nehmen und dann zu analysieren. Beim Design eines neuen Experimentes gilt es natürlich erstmal sicher zu stellen, dass wir die möglichst vielfältige Daten in einer guten Qualität aufzeichnen zu können. Da gibt es natürlich viel Arbeit an der Hardware, aber es geht auch sehr viel Hirnschmalz in die Analysemöglichkeiten.

Was haben wir denn aus dem HADES-Experiment bisher gelernt und welche Ergebnisse fliessen in das CBM-Experiment mit ein?

HADES hat entscheidende Beiträge dazu geleistet wie Kernmaterie hoher Dichte aussieht. Durch die Fokussierung auf Elektron-Positron-Paare (Kommentar: daher auch der Name HADES - High Acceptance Di-Electron Spectrometer) können wir sehr tief in die dichte Kernmaterie hineinschauen - diese Teilchen verlassen die Kollisionszone nahezu unberührt und vermitteln uns unverzichtbare Informationen über Kollisionen. So haben wir zum Beispiel gelernt wie sich das sogenannte rho-Meson in dichter Kernmaterie verhält - das war bis dato noch nahezu ungeklärt. Wir haben gezeigt, dass die so genannten thermischen Elektron-Positron-Paare als Spektrometer, Thermometer, Chronometer, Barometer, Polarimeter und Amperemeter des Feuerballs dienen können.

Darüber können wir etwas über Objekte mit hoher Dichte im Universum erfahren. Man vermutet, dass z.B. im Inneren von Neutronensternen oder bei der Verschmelzung von Neutronensternen solche hochdichte Kernmaterie vorhanden ist.

Das klingt spannend - aber wofür brauchen wir denn dann noch CBM, wenn HADES schon so viel gemessen hat?

CBM setzt hier nochmal die Krone auf. Ein großer Nachteil von Elektronen, die wir bei HADES messen ist, dass sie sehr sehr selten sind. Das heisst wir brauchen sehr viele Kollisionen, um überhaupt etwas zu messen. Hier spielt CBM seine Stärken aus. Mit einer extrem schnellen Auslese der Daten ist es möglich sehr seltene Teilchen zu messen, was andere Detektoren nicht unbedingt können.

Ein kurzer Blick in die Zukunft - worauf freuen Sie sich am meisten?

Es wäre fantastisch, die vollständige Anregungsfunktion der thermischen Elektron-Positron-Paare bei Kollisionsenergien von wenigen GeV bis zu einigen TeV zu messen. „You may say I am a dreamer, but I am not the only one“: umfangreiche Upgrade-Programme am RHIC und am LHC werden die Bedingungen der Materie bei kleinem chemischem Baryonenpotenzial untersuchen, die dem frühen Universum am ähnlichsten sind. Für niedrige Energien sind dagegen Dilepton-Programme in Europa (FAIR, NICA, SPS) und Asien (J-PARC) geplant, die auf die Untersuchung des QCD-Phasendiagramms bei hohen Baryonendichten und damit auf das Innere von kompakten stellaren Objekten ausgelegt sind. So könnte der Phasenübergang erster Ordnung erhebliche Auswirkungen auf die Verschmelzung von Neutronensternen haben und im Gravitationswellenspektrum dieser Verschmelzungsereignisse beobachtbar sein.

Es wird also eine extrem spannende Zeit!

Inwieweit hilft die Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR bei ihrer Forschung

Die HFHF ist ein wichtiger Baustein in der Vernetzung der hessischen Forschung. Viele gemeinsame Projekte wurden hier gestartet, die sonst nicht möglich gewesen wären. Wichtig ist natürlich, dass diese Projekte auch finanziert werden können, hier hat man mit der Akademie einen hervorragenden Partner.

Frau Galatyuk, vielen Dank für das Gespräch.

Prof. Dr. Tetyana Galatyuk