Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR

Hintergrund - Quark Gluon Plasma
Schwerionenkollision

Hintergrund - Quark Gluon Plasma

Der Bereich “Heiße und Dichte Materie” der Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR beschäftigt sich mit den fundamentalen Bausteinen der Natur und den Kräften, die zwischen ihnen wirken. Die Suche nach Antworten auf diese fundamentalen Fragen der Natur führt zu immer tieferen Einblicken in die Materie und ihre Eigenschaften und ist von essentieller Wichtigkeit für das generelle Fortkommen in der physikalischen Grundlagenforschung.

Eine dieser Eigenschaften ist das Quark-Gluon-Plasma (QGP), eine Materieform, die sich bei extrem hohen Temperaturen und Dichten bildet und die grundlegenden Bausteine der Materie enthält. Aber was ist eigentlich ein Quark-Gluon-Plasma?

Das Quark-Gluon-Plasma ist ein Zustand der Materie, in dem Quarks und Gluonen – die fundamentalen Bestandteile der Hadronen – nicht mehr aneinander gebunden sind und sich in einem heißen, dichten Medium frei bewegen können. Das QGP entsteht bei extrem hohen Energiedichten und Temperaturen von über 2 Billionen Grad Celsius (oder in anderen Einheiten zwischen 150 und 200 MeV), die im Labor nur durch die Kollision schwerer Atomkerne erreicht werden können.

Kurz nach dem Urknall, genauer gesagt, ca. 10 Mikrosekunden nach dem Urknall, bestand das komplette Universum aus einem Quark-Gluon-Plasma. Dieses hadronisierte (salopp gesagt - aus der Suppe werden Teilchen produziert, wie der Prozess exakt abläuft ist bis heute Gegenstand aktueller Forschung) und entwickelte sich nach und nach zu dem Universum, welches wir heute kennen.

Aber wie kann man diesen Zustand untersuchen? Indem man schwere Atomkerne aufeinander schiesst und bei den sehr hohen Dichten und Temperaturen den Zustand für eine verschwindend geringe Zeit im Labor wieder herstellt. Erste experimentelle Indizien auf das Quark-Gluon-Plasma erfolgte in den 1980er Jahren durch Experimente an Beschleunigern, bei denen schwere Atomkerne beschleunigt und zur Kollision gebracht wurden. Diese Experimente zeigten, dass bei extrem hohen Energiedichten und Temperaturen ein neuer Zustand der Materie entsteht, der sich vom normalen Zustand der Materie unterscheidet.

Die Entdeckung des QGP (wobei es keinen Heureka-Moment gab, es war eine lange Kette von Indizien, die sich schlussendlich zu einem Gesamtbild zusammenfügen) wurde durch die Beobachtung von Jets, einem Strahl aus hochenergetischen Teilchen, bestätigt, die in den Kollisionen freigesetzt wurden. Der Jet entsteht durch den Austritt eines Quarks oder Gluons aus dem QGP, bevor er mit anderen Quarks oder Gluonen reagieren und in Hadronen gebunden werden kann. Diese Experimente wurden am RHIC, dem Relativistic Heavy Ion Collider am Brookhaven National Laboratory durchgeführt. Experimente am CERN und an der GSI haben hier im Vorfeld auch schon entscheidende Vorarbeit geleistet. 

Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften des QGP ist seine extreme Dichte und Temperatur. Im QGP sind die Teilchen so eng beieinander, dass die Dichte bis zu zehnmal höher sein kann als in einem Atomkern. Außerdem ist die Temperatur so hoch, dass sie höher ist als die im Inneren von Sternen. Diese hohen Dichten und Temperaturen führen dazu, dass die Teilchen im QGP stark miteinander wechselwirken und sich schnell bewegen.

Eine weitere Eigenschaft des QGP (dies hat die Forschung tatsächlich sehr lange beschäftigt) ist die Viskosität, man kann salopp sagen, die  Flüssigkeitseigenschaft. Obwohl das QGP aus Teilchen besteht, die normalerweise als "hart" oder "starr" angesehen werden, verhält es sich wie eine Flüssigkeit. Das bedeutet, dass es eine Viskosität hat und dass seine Teilchen in einer kontinuierlichen Strömung fließen können, ähnlich wie Wasser. Tatsächlich gilt es als die perfekte Flüssigkeit, wir wir hier im Blog schon geschrieben haben. 

Das QGP ist auch von großem Interesse für die Teilchenphysik, da es den Forschern ermöglicht, die Eigenschaften der starken Wechselwirkung, die die Quarks und Gluonen bindet, besser zu verstehen. Durch die Untersuchung des QGP können Forscherinnen und Forscher auch die fundamentalen Eigenschaften von Materie und Energie untersuchen, obwohl sie in einem ausgedehnten Medium existieren.

An der Forschung dieses Zustandes sind viele HFHF-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt. Neben den aktuellen Experimenten am ALICE-Experiment am Large Hadron Collider (LHC) am CERN werden in Zukunft die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR an ebendieser Anlage weitere wichtige Bausteine in diesem Forschungsfeld liefern. Hier wird insbesondere Weg weg von extrem hoher Temperatur zu extrem hoher Dichte verfolgt, welcher extrem wichtig ist, um das Phasendiagramm der Kernmaterie zu verstehen. 

Phasendiagramm der starken Wechselwirkung
© GSI
Phasendiagramm der starken Wechselwirkung
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