Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR

Blick in das Innere des Neutronensterns
Nebel

Blick in das Innere des Neutronensterns

Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat zum ersten Mal Daten aus Schwerionenkollisionen, Gravitationswellenmessungen und anderen astronomischen Beobachtungen mit Hilfe modernster theoretischer Modelle kombiniert, um die Eigenschaften der dichten Materie im Inneren von Neutronensternen besser zu verstehen. Beteiligt war unter anderem auch der HFHF-Forscher Achim Schwenk.

Neutronensterne waren ja hier im Blog schon öfter ein Thema - sie werden überall im Universum in Supernova-Explosionen geboren und sind bei ca. der Masse unserer Sonne nur ca. 10 km breit.

Teils sind sie in Doppelsternsystemen gebunden, das heisst, dass zwei Neutronensterne umeinander kreisen und irgendwann auch miteinander kollidieren. Dies sind astrophysikalische Extremereignisse, die sogar hier auf der Erde gemessen werden können. In diesen Kollisionen entsteht eine Dichte, die weit über normaler Kerndichte liegt. Dies macht die Situation vergleichbar mit der Kollision von hochenergetischen Schwerionenkollisionen, die zum Beispiel an der GSI in Darmstadt durchgeführt werden.  Fast schon Grund genug diese Erkenntnisse zu kombinieren!

„Die Kombination von Erkenntnissen aus der theoretischen und experimentellen Kernphysik und astrophysikalischen Beobachtungen ist unerlässlich, um die Eigenschaften neutronenreicher Materie über den gesamten Dichtebereich, der in Neutronensternen vorkommt, zu verstehen“, erklärt Sabrina Huth vom Institut für Kernphysik an der Technischen Universität Darmstadt. Dank der jüngsten Fortschritte in der Multi-Messenger-Astronomie konnte ein internationales Team, an dem Forschende aus Deutschland, den Niederlanden, den USA und Schweden beteiligt sind, neue Erkenntnisse über die grundlegenden Wechselwirkungen in der Kernmaterie gewinnen.

In der Multi-Messenger-Astronomie werden verschiedenste Signale kombiniert. Von Signalen im Bereich des sichtbaren Lichts, der Röntgenstrahlung oder auch, relativ neu, im Bereich der Gravitationswellen wird hier ein astrophysikalisches Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

In der interdisziplinären Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Informationen aus Schwerionenkollisionen mit astronomischen Beobachtungen elektromagnetischer Signale, Messungen von Gravitationswellen und astrophysikalischen und kerntheoretischen Berechnungen zusammengebracht. Die systematische Studie kombiniert diese Informationen und deutet nun auf einen höheren Druck bei mittleren Dichten in Neutronensternen hin.

Es wurden Informationen aus Gold-Gold-Kollisionen, die am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt sowie am Brookhaven National Laboratory und am Lawrence Berkeley National Laboratory in den USA durchgeführt wurden, in die Studie mit einbezogen. Kombiniert wurde dies mit astrophysikalischen Analysen. Dazu gehören Messungen der Masse von Neutronensternen durch Radiobeobachtungen, Informationen von der „Neutron Star Interior Composition Explorer“ (NICER) Mission auf der Internationalen Raumstation sowie Multi-Messenger-Beobachtungen von der Fusion zweier Neutronensterne. Die Einbeziehung der Daten von Schwerionen-Kollisionen in die Analysen hat zusätzliche Einschränkungen im Dichtebereich ermöglicht, wo die Kerntheorie und astrophysikalische Beobachtungen weniger sensitiv sind. Dies hat dazu beigetragen, ein besseres Verständnis der dichten Materie zu gewinnen. In Zukunft können verbesserte Daten aus Schwerionenkollisionen eine wichtige Rolle bei der Verknüpfung von Kerntheorie und astrophysikalischen Beobachtungen spielen, indem sie ergänzende Informationen liefern.

Insbesondere Experimente wie CBM (Compressed Baryonic Matter, siehe hier), die höhere Dichten erforschen und gleichzeitig die experimentellen Unsicherheiten verringern, haben ein großes Potenzial, neue Hinweise auf die Eigenschaften von Neutronensternen zu liefern. Neue Informationen auf beiden Seiten können leicht in die Berechnungen integriert werden, um das Verständnis dichter Materie in den kommenden Jahren weiter zu verbessern.

Originalartikel: https://www.nature.com/articles/s41586-022-04750-w


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Blick in das Innere des Neutronensterns