Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR

Doppelt magische Kerne
ISOLDE

Die Masse der doppeltmagischen Kerne

Magische Kerne sind Atomkerne, die eine bestimmte Anzahl an Protonen oder Neutronen haben, die - im Schalenmodell des Atomkerns - eine Schale abschliessen. Das macht diese Kerne besonders stabil und langlebig. 

Physiker bezeichnen den Atomkern von Zinn-100 als doppelt magisch, weil sowohl die Protonen- als auch die Neutronenzahl magisch ist. Trotzdem ist es sehr schwierig, seine Masse zu messen, denn die Lebenszeit beträgt nur eine Sekunde und die Herstellung dieses Isotops ist sehr schwierig. Einer Gruppe von Wissenschaftlern am europäischen Forschungszentrum CERN ist es nun gelungen, die Masse des Indium-100 Isotop genau zu bestimmen. 

Doch was bringt es die Masse von Indium zu messen, wenn man eigentlich die Masse von Zinn-100 messen möchte? Durch die Messung des Indium-Isotops können wir Rückschlüsse auf die Masse von Zinn ziehen. Direkt neben dem doppelt magischen 100Sn finden sich die Kerne des Elements Indium, die ein Proton weniger haben als die Zinnkerne. Mit der ISOLTRAP-Anlage am CERN war es nun möglich, Präzisionsmassenmessungen der Indium-Isotope 99In, 100In und 101In durchzuführen. Dies war die erste direkte Massenmessung für Indium-99; die Genauigkeit der Indium-100- und Indium-101-Massenwerte konnte erheblich verbessert werden.

Die neuen Ergebnisse, die in Nature Physics veröffentlicht wurden, bestätigen die am GSI in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Technischen Universität München gemessenen Werte. "Der Beta-Zerfall von 100Sn wurde vor 13 Jahren im Rahmen des RISING-Gammaspektroskopieprojekts hinter dem FRS der GSI und in jüngerer Zeit am RIKEN in Japan im Rahmen der EURICA-Kampagne mit einer höheren Statistik untersucht. Die beobachtete Diskrepanz zwischen diesen beiden Ergebnissen führt zu heftigen Diskussionen in der Fachwelt", sagt Dr. Magdalena Gorska, die Mitautorin beider Messungen.

Yuri Litvinov, der Leiter des ERC-Projekts "ASTRUm", in dessen Rahmen die Forscher des GSI-Bereichs Atomphysik zu diesem Experiment beigetragen haben, erklärt:

"Durch die Verwendung des neuen Massenwerts von 100In und mit Hilfe theoretischer Berechnungen, die von der Gruppe von HFHF-Wissenschaftler Prof. Achim Schwenk an der TU Darmstadt durchgeführt wurden, war es möglich, eine eindeutige Schlussfolgerung zur Masse von 100Sn zu ziehen, die eine ältere GSI-Messung von C. Hinke et al., die in Nature veröffentlicht wurde, favorisiert."

Die FAIR-Anlage wird neue Möglichkeiten zur Beantwortung anspruchsvoller Fragen im Bereich der Kernstruktur und -reaktionen eröffnen. Die internationale Beschleunigeranlage, eines der größten Forschungsprojekte weltweit, befindet sich derzeit bei der GSI im Bau. Die Forschung an FAIR wird von der NUSTAR-Kollaboration vorangetrieben, die hochmoderne Experimente an dem zukünftigen Fragmentseparator Super-FRS aufbaut, die durch die Akademie entschieden unterstützt werden.

Originalpublikation in Nature Physics: 
https://www.nature.com/articles/s41567-021-01326-9

ISOLDE
Doppelt magische Kerne