Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR

Gravitationswellen geben Aufschluss über das Innere von Neutronensternen
Gravitationswellen

Gravitationswellen geben Aufschluss über das Innere von Neutronensternen

Man glaubt es kaum, aber die Ereignisse im ganz Großen im Universum geben Aufschluss über Atomkerne im ganz Kleinen. 

Denn Neutronensterne bieten eine einzigartige Möglichkeit zur Untersuchung von Materie oberhalb der sogenannten Kernsättigungsdichte. Das ist die Dichte, bei der es nicht mehr möglich ist weiter Neutronen oder Protonen hinzuzufügen ohne das Gesamtsystem kaputt zu machen. Das heisst bei weiterer Dichte geht das System über in einen Zustand, der aus Quarks und Gluonen besteht, das sogenannte Quark-Gluon-Plasma (QGP). Im Bereich "Heiße und dichte Materie" der Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR wird dieser Zustand untersucht. Dies geschieht üblicherweise durch die Kollision von schweren Ionen, wie zum Beispiel Gold oder Blei. Doch was haben Neutronensterne damit zu tun?

Eine neue Möglichkeit, die Eigenschaften von extrem dichter Materie zu untersuchen, bietet die Gravitationswellen-Astronomie. Die ersten Gravitationswellen aus einer binären Neutronenstern-Verschmelzung wurden 2017 im berühmten Ereignis GW170817 beobachtet. Das GW steht für Gravitational Wave und die übrigen Zahlen geben das Datum an, den 17. August 2017. 

Wenn zwei Neutronensterne kollidieren oder verschmelzen ist die Kraft so gewaltig, dass eine Gravitationswelle entsteht. Diese Welle ist eine Welle in der Raumzeit, die einige interessante Effekte hat. Man kann es als eine Stauchung oder Streckung des Raumes an sich betrachten - im Unterschied zu z.B. Schallwellen, die sich im Raum ausbreiten. 
Das bedeutet, dass sich Abstände ändern, wenn eine Gravitationswelle (salopp gesagt) "vorbeikommt". 

Aber was hat nun das Quark-Gluon-Plasma damit zu tun? Dies ist ja ein Zustand, der bei extrem hohen Temperaturen oder Dichten  in Kernmaterie auftritt, also auf ganz anderen Größenordnungen als Prozesse im Universum.

Hier kommen die Neutronensterne in's Spiel. Diese sind so dicht, dass ein QGP im 
Inneren vorherrschen könnte (oder eben auch nicht). Abhängig von dem genauen Zustand und wie sich dieser in Abhängigkeit von Druck und Temperatur verhält (in der Physik spricht man von der sogenannten Zustandsgleichung) verändern sich die Eigenschaften bei der Kollision oder Verschmelzung zweiter Neutronensterne erheblich. Damit verändert sich dann auch der gesamte Kollisionsprozess und als direkte Folge auch das Gravitationswellen-Signal. 

Durch Simulationen ist es HFHF-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelungen hier Zusammenhänge herzustellen, die vorher unbekannt waren. Der Gruppe um Andreas Bauswein ist es gelungen hier schon vor einiger Zeit Modelle zu kreieren, die mittlerweile immer weiter ausgebaut und besser werden.
Aber wie so oft in der Physik steckt der Teufel im Detail. Die Signale könnten auch mit anderen (gleichwohl deutlich unwahrscheinlicheren) Methoden beschrieben werden. Hier ist die Kombination mit Daten aus Teilchenbeschleunigern, insbesondere der kommenden FAIR-Anlage in's Spiel. Die Daten der verschiedenen Kollaborationen, insbesondere CBM und NUSTAR geben weitere Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Kernmaterie, die dann in diese Modelle einfliessen können und den Raum der möglichen Theorien immer weiter einschränken. Und so fügt sich dann das Puzzlestück der Neutronensterne immer weiter zusammen. Mittendrin sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR und puzzeln fleissig mit.

Einige Publikationen zum Thema gibt es unter: 

https://arxiv.org/pdf/1809.01116v2.pdf

https://inspirehep.net/files/abe01a70763a4b974673d37368de27ae

Gravitationswellen
Gravitationswellen geben Aufschluss über das Innere von Neutronensternen