Helmholtz Research Academy Hesse for FAIR

Schwarze Löcher und Elemententstehung

Schwarze Löcher und Elemententstehung

Was haben Schwarze Löcher mit Gold zu tun? Erstmal gar nichts? Weit gefehlt!

in einer neuen Veröffentlichung im Journal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" zeigt der HFHF-Wissenschaftler Andreas Bauswein und sein Team, gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Belgien und Japan, wie schwere Elemente potentiell in den Akkretionsscheiben von Schwarzen Löchern erzeugt werden. 

Akkretionsscheiben sind ein allgegenwärtiges Phänomen in der Astrophysik. Sie sind scheibenförmige Massenansammlungen, die sich um ein massereiches Objekt bilden. Diese Scheiben führen sehr oft zu astrophysikalischen Jets, die aus der Nähe eines zentralen Objekts kommen. Jets sind gewaltige Auswürfe von Materie und Energie, die man viele Lichtjahre weiter noch beobachten kann.

Die spektakulärsten Akkretionsscheiben, die man in der Natur findet, sind die von aktiven galaktischen Kernen (AGN, Active Galactic Nuclei), von denen man annimmt, dass sie massive schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien sind. Doch was haben diese Scheiben mit Gold zu tun?
Seit 2017 die Verschmelzung zweier Neutronensterne beobachtet wurde und es Hinweise gab, dass in solchen Prozessen auch schwere Elemente entstehen konnten, wurde die Frage aufgeworfen wie das genau funktioniert und ob es noch weitere kosmische Ereignisse gibt, in denen genau dieses passiert.

Aussichtsreiche Kandidaten für die Produktion von schweren Elementen sind schwarze Löcher, die von einer Akkretionsscheibe aus dichter und heißer Materie umkreist werden. Ein Beispiel wären die oben schon erwähnten AGNs. Ein solches System kann nach der  Verschmelzung zweier massiver Neutronensterne, aber auch nach einer Supernova-Explosion entstehen. Im Rahmen von Supernova-Explosionen war es schon einige Jahre bekannt, dass Neutrinos eine Rolle spielen, kleine nahezu masselose Teilchen, die kaum wechselwirken. Durch kernphysikalische Prozesse, in denen Neutrinos eine Rolle spielen, kann ein Überschuss an Neutronen produziert werden, welcher für die Entstehung von schweren Elementen wichtig ist. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Ein Blick in das Periodensystem der Elemente verrät, daß die schweren Elemente deutlich mehr Neutronen als Protonen enthalten, demzufolge auch für die Produktion mehr Neutronen nötig sind.

„Wir haben in unserer Studie erstmals mittels aufwändiger Computersimulationen systematisch die Umwandlungsraten von Neutronen und Protonen für eine große Zahl an Scheibenkonfigurationen untersucht und dabei gefunden, dass die Scheiben sehr reich an Neutronen sind, solange bestimmte Bedingungen erfüllt sind“, erklärt Dr. Oliver Just aus der Gruppe „Relativistische Astrophysik“ der GSI-Forschungsabteilung „Theorie“. Die Gruppe wird geleitet vom HFHF-Wissenschaftler Gabriel Martinez-Pinedo, die Teilgruppe von Andreas Bauswein.
„Maßgeblich ist die Gesamtmasse der Scheibe. Je massereicher die Scheibe, desto öfter werden Neutronen aus Protonen durch Einfang von Elektronen und unter Abstrahlung von Neutrinos gebildet und stehen somit zur Synthese schwerer Elemente mittels r-Prozess zur Verfügung. Bei zu hohen Scheibenmassen spielt die entgegengesetzte Reaktion eine erhöhte Rolle, das heißt, es werden wieder mehr Neutrinos von Neutronen eingefangen, bevor sie die Scheibe verlassen. Diese Neutronen wandeln sich zurück in Protonen um, was den r-Prozess behindert.“ Wie die Studie zeigt, liegt die optimale Scheibenmasse für eine ergiebige Produktion an schweren Elementen bei etwa 0,01 bis 0,1 Sonnenmassen. Das Ergebnis liefert ein starkes Indiz, dass Neutronensternverschmelzungen, die Akkretionsscheiben mit genau diesen Massen erzeugen, der Ursprungsort eines großen Anteils der schweren Elemente sein könnten. Ob und wie häufig entsprechende Akkretionsscheiben in diesen Systemen vorkommen, ist allerdings derzeit noch unklar. Weitere Bausteine zum besseren Verständnis dieser Prozesse wird sicherlich das Projekt HEAVYMETAL liefern. 

Doch für das Verständnis der astrophysikalischen Prozesse ist es von außerordentlicher Wichtigkeit die Prozesse auch im Kleinen zu verstehen. Genau hier kommt die Forschung bei FAIR und die Astrophysik zusammen. Mit FAIR können die einzelnen Prozesse mit sehr hoher Genauigkeit gemessen werden, was wiederum für das Verständnis des großen Ganzen wichtig ist.
Andreas Bauswein beschreibt dies genau so:  „Diese Daten sind derzeit nur unzureichend vorhanden. Aber mit der nächsten Generation von Beschleunigern, beispielsweise mit FAIR, werden sie in Zukunft mit bisher unerreichter Genauigkeit gemessen werden können. Das gut koordinierte Zusammenspiel von theoretischen Modellen, Experimenten und astronomischen Beobachtungen wird uns Forschenden in den nächsten Jahren ermöglichen, Neutronensternverschmelzungen als Ursprung der r-Prozess-Elemente zu testen“. 

Diese Verknüpfung von verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen - vom ganz Großen in das ganz Kleine - ist genau die Stärke der Helmholtz Forschungsakademie Hessen für FAIR.

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